Seit Herbst 2023 ist das Projekt «Digitale Bildungsdatenwege» Teil des Programms von Educa zur Entwicklung einer schweizweiten Datennutzungspolitik. Worum geht es in diesem Projekt?
Im Rahmen unseres Forschungsfelds «Bildungsinformatik» beschäftigen wir uns an der Fachhochschule Graubünden mit Themen der Digitalisierung im Bildungsbereich und der verbesserten Nutzung von Daten zu Bildung und Lernen. Eine Finanzierung des Schweizer Nationalfonds ermöglichte uns die Durchführung des Projekts «Virtual Educational Observatory». Hierbei geht es um das Sichtbarmachen von Datenquellen und das Aufzeigen von Verknüpfungsmöglichkeiten. Dies mit dem Ziel eine bessere Datenverfügbarkeit für Forschung und Bildungsmonitoring in der Schweiz zu ermöglichen.
Das Projekt «Digitale Bildungsdatenwege» ist aus einem ähnlichen Gedanken heraus entstanden. Die Idee ist, dass (digitale) Daten irgendwo entstehen, dann aufbereitet und gespeichert werden, um sie schlussendlich für Analysen und Entscheidungsfindungen zu verwenden. Diese Wege der Daten von der Quelle zum Nutzen sollen im Projekt exemplarisch beschrieben und analysiert werden.
Können Sie kurz erläutern, was ein Bildungsdatenweg überhaupt ist?
Wie gesagt, es geht darum, die Daten von ihrer Entstehung bis zu ihrer Nutzung, auf einem sichtbaren und abgesicherten Weg «wandern» zu lassen. Dabei sollte Nutzung nicht eindimensional gedacht werden. Daten können für viele Zwecke sinnvoll eingesetzt werden. Am besten dann, wenn verschiedene Datenquellen miteinander vernetzt werden können. Sind Datenwege aber nicht abgesichert und transparent, kann nicht von einem sicheren Einverständnis der Datenquellen mit der Datennutzung ausgegangen werden.
« Bildungsdatenwege beschreiben wie auf einer Wanderkarte, woher Daten stammen, wie sie geschützt werden und welchen Nutzen sie generieren können. »
So möchten Eltern sicherlich ein bestmögliches Schulsystem und gezielte Unterstützung für ihre Kinder. Das aber nicht dadurch, dass sie blind und uninformiert Zugriff auf Daten aus der Schule zulassen. Es muss eine demokratische Beteiligung, eine Einsicht in den Mehrwert und ein Verständnis für effiziente Anonymisierung geben. Insofern beschreiben Bildungsdatenwege wie auf einer Wanderkarte, woher Daten stammen, wie sie geschützt werden und welchen Nutzen sie generieren können.
Warum lohnt es sich diese (Bildungsdatenwege) näher zu betrachten?
Hier gibt es zwei wichtige Dimensionen. Eine bessere Sichtbarkeit der verfügbaren Daten hilft, mehr Nutzen aus den Daten zu ziehen, und kann gleichzeitig aufzeigen, wo Daten mehrfach erhoben werden und zu welchen Themen oder Prozessen Daten fehlen. All dies kann die Bildungsbeteiligung und den Bildungserfolg sowohl des Einzelnen als der Gemeinschaft verbessern. Nicht minder wichtig ist die zweite Dimension. Klar ersichtliche Bildungsdatenwege ermöglichen erst einen effizienten Datenschutz. Nur wenn klar ist, wo Daten fliessen, können diese gezielt und angemessen geschützt werden und nur dadurch kann Datensouveränität für Individuen gewährleistet werden. Bildungsdaten unter die Lupe zu nehmen, kann daher einer sich digitalisierenden Gesellschaft helfen, die Vorteile einer transparenten und kontrollierten Nutzung von Daten zu verdeutlichen.
« Nur wenn klar ist, wo Daten fliessen, können diese gezielt und angemessen geschützt werden und nur dadurch kann Datensouveränität für Individuen gewährleistet werden. »
Wie sind die ersten Erfahrungen mit dem Projekt? Gibt es bereits erste Erkenntnisse?
Wir sind im Projekt gerade noch in der Phase der Evaluierung. Es zeigt sich aber bereits eine starke Fragmentierung von Bildungsdatenwegen und ein Umgang mit Daten, der sich eher durch möglichst reduzierte Nutzung von Daten auszeichnet. Daten werden für einen Zweck erhoben und nach Erfüllung des Zwecks gelöscht. Für eine Gesellschaft, die immer stärker auf Daten vertrauen muss, ist das problematisch. Ein offener Umgang mit Daten, ein zielführender Datenschutz und eine vernetzte und inspirierte Datennutzung fehlen noch als greifbare Vision.